»Wir brauchen die Zeiterfassung, um die Profitabilität eines Projektes zu erkennen.«
Das ist der am meisten genannte Grund, der zugunsten der Zeiterfassung in Agenturen angeführt wird.
Aber nein: Dies ist keine gute Idee.
Um dies zu verstehen, müssen wir uns anschauen, wie diese »Profitabilität« errechnet wird. In einer sehr frühen Phase wird eine Zeitaufwandsschätzung von den beteiligten Mitarbeitern verlangt.
Wohlgemerkt: Es handelt sich um Schätzungen. Naturgemäß sind Schätzungen ungenau!
Diese ungenaue (!) Schätzung wird in Verbindung mit dem Stundensatz zur Grundlage der Preisfindung – und zur quantitativen Grundlage, ob ein Projekt »profitabel« sei oder nicht.
Während der Projektarbeit müssen die Mitarbeiter die mit dem Projekt in Verbindung gebrachten Zeitaufwände erfassen. Übersteigt der auf diese Weise gemessene Zeitaufwand am Ende die geschätzten (»kalkulierten«) Arbeitsstunden, sei das Projekt unprofitabel.
Solche Projekte, bei denen die gemessenen Stunden die geschätzten Stunden übersteigen, sind in vielen Agenturen an der Tagesordnung. Nicht selten liegen die gebuchten Stunden eineinhalb oder sogar zweimal über den »kalkulierten« (geschätzten!) Stunden.
Wenn dies aber seit Jahrzehnten in Agenturen an der Tagesordnung ist – und auch keine Besserung in Sicht ist, dann muss es sich um eine grundlegend falsche Idee handeln.
Was sind die Ursachen dafür? Hier zwei Gründe – es gibt aber noch mehr.
Der falsche Bezugspunkt. Es sind nicht die Arbeitsstunden der Mitarbeiter, sondern das Zusammenspiel des Teams in Verbindung mit dem Kunden, auf das das unternehmerische Augenmerk gelegt werden muss. Es geht nicht darum, den einzelnen Mitarbeiter mit einer Stoppuhr zu noch schnellerer Arbeit anzutreiben, sondern alles zu tun, dass das Team bestmöglich seine Leistung mit und für den Kunden erbringen kann.
Das große Ganze – oder auch die Arbeit am System: In Agenturen sind meist mehrere Projekte gleichzeitig in Arbeit. Normalerweise springen Mitarbeiter von Projekt zu Projekt, von Aufgabe zu Aufgabe. Dies verursacht vor allem eines: Multitasking. Multitasking führt für sich genommen zu einer Verlangsamung und Verzögerung des einzelnen Projekts – und ist damit der größte Feind wirkungsvoller Produktivität. Das sollte niemand überraschen, der schon einmal versucht hat während eines Online-Meetings seine E-Mails zu checken …
Es geht aber hier vor allem um das Multitasking zwischen Mitarbeitern und auch zwischen Mitarbeitern und Kunden. Mal wartet der eine, mal der andere. Es dauert immer länger. Je mehr von solchem Multitasking innerhalb einer Organisation besteht, desto länger werden die Projektlaufzeiten – und eben auch die gemessenen Zeitaufwände.
Fazit: Die Zeiterfassung misst das Falsche. Sie misst den einzelnen Mitarbeiter, und vernachlässigt die eigentlich unternehmerisch bedeutsame Frage: Wie kann ich die Arbeit so organisieren, dass wir möglichst schnell und reibungslos den Wert für unsere Kunden erbringen können.