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Zeitaufwandsschätzungen. Oder: Was wir vom Legospielen lernen können.

In meinen Seminaren spiele ich mit den Teilnehmern gerne Lego. Jeder Teilnehmer erhält dazu ein kleines Lego-Modell. Anhand der Produktabbildung und der Anleitung soll er vorab abschätzen, wie lange es dauern wird, dieses Modell zusammenzubauen.

Diese Zeitaufwandschätzung würde – so kennt man dies aus dem geschäftlichen Alltag – für eine Kostenkalkulation gebraucht. Zeitaufwand mal Stundensatz ergibt ja in den meisten Agenturen den Preis.

Das allein sorgt schon bei den meisten Teilnehmern für ein gewisses Unbehagen. Woher sollen sie denn wissen, wie lange es dauert …

Der Druck auf die Teilnehmer wird noch erhöht. Sie erfahren nun auch, dass das Projekt als Ganzes unprofitabel werden würde, sollte der anschließend gebrauchte Zeitaufwand den geschätzten Zeitaufwand übersteigen,

Jetzt dürfen die Teilnehmer das Modell zusammenbauen, wobei mit einer Stoppuhr ihre Zeitaufwände erfasst werden.

Das Ergebnis? Die Zeitaufwandschätzung wird nie getroffen. Nicht einmal ansatzweise.

Oft weichen die Messergebnisse deutlich von der Zeitaufwandsschätzung ab. Am stärksten sind die Unterschiede, wenn es während des Zusammenbauens zu Ablenkung durch andere Kundenanfragen, durch fehlende Teile oder andere Störungen kommt, die uns im Alltag allen nur zu gut bekannt sind.

Warum machen wir dieses Experiment? Ich will damit verdeutlichen, dass Zeitaufwandsschätzungen als Mittel der Preisfindung eine unglaublich schlechte Idee sind. Mal dauert es länger, mal kürzer.

Die Streuungsbreite ist gewaltig.

Aber dennoch wird sowohl der Zeitaufwandschätzung als auch die später gemessene Zeit erst zur dominierenden Einflussgröße bei der Preiskalkulation und anschließend zum Steuerungswerkzeug des Unternehmens als Ganzes. Eine noch schädlichere Idee, die ich in einem meiner nächsten Beiträge thematisieren werde.

Aber man habe doch irgendwann Erfahrungswerte? Mag sein. Aber auch hier unterliegt der mögliche Zeitaufwand für ein und dieselbe Tätigkeit einer immens großen Streuungsbreite. So wie die gleiche Autobahnfahrt von Frankfurt an den Gardasee viele Stunden länger dauern kann, wenn die Brennerautobahn überlastet ist …

Es ist eine mangelhafte Idee, eine Zeitaufwandschätzung, die nicht zuletzt in einem gehörigen Maß vom Zufall beeinflusst wird, zur Grundlage seiner unternehmerischen Wirtschaftsrechnung und seiner Preise zu machen.

Aber es ist nicht nur der Zufall, der die Zeitaufwandschätzung und die anschließende effektive Bearbeitungszeit beeinflusst: Es ist das System, innerhalb dessen die Arbeit erledigt wird als Ganzes.

So wie im Beispiel der Autofahrt zum Gardasee nicht der Autofahrer selbst durch sein fahrerischen Können und seine technischen Möglichkeiten (schnelles Fahrzeug) beeinflussen kann, wann er am Zielort ankommt: Wenn der Brenner überlastet ist und es zu einem Stau kommt (Engpass), dann hilft ihm all dies nicht weiter.

Veröffentlicht am 24. Juni 2024 von Markus Hartmann.
Markus Hartmann

Ich schreibe über Preise, Wert und bessere Zusammenarbeit. Im weiteren Sinne über unternehmerisches, menschliches Handeln.

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