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Über Geld spricht man nicht

»Über Geld spricht man nicht.« oder: Warum Dich dieser Glaubenssatz begrenzt.

Dieser Satz ist tief im deutschsprachigen Raum verwurzelt. Geld wird als privates Thema betrachtet, über das man weder prahlt noch klagt. Es herrscht eine Kultur der Zurückhaltung und der Diskretion.

Aber woher kommt dies?

Schon die katholische Tradition hat durch die Betonung von Bescheidenheit, Demut und Almosen eine Haltung geformt, die Reichtum und Geld als sensible Themen sieht. Max Weber beschrieb, wie die protestantische Arbeitsmoral Tugenden wie Fleiß, Bescheidenheit und Sparsamkeit betonte. Prahlerei, Verschwendung oder das Sprechen über Geld wurde abgelehnt.

Diese Zurückhaltung wurde durch historische Ereignisse verstärkt.

Nach dem Ersten Weltkrieg führte die Hyperinflation in Deutschland und Österreich, dazu, dass viele Menschen ihr Vermögen verloren.

Stefan Zweig beschreibt die Auswirkungen eindrucksvoll in seinem Werk »Die Welt von Gestern«. Dort schildert er, wie die massiven wirtschaftlichen Verwerfungen die Menschen prägte. Geld wurde zu einem heiklen Thema, verbunden mit Scham, Verlustängsten und Unsicherheit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Sparsamkeit und wirtschaftliche Zurückhaltung zu zentralen Tugenden. Mit dem Wirtschaftswunder wiederum konnten viele Menschen Wohlstand aufbauen. Dennoch hielt sich der kulturelle Glaube, dass es besser sei, Geldangelegenheiten für sich zu behalten, um soziale Spannungen zu vermeiden.

All dies verfestigte den Glaubenssatz »Über Geld spricht man nicht«, der bis heute – bewusst oder unbewusst – unser Handeln prägt.

Er zeigt sich in der Zurückhaltung offen über Preise zu sprechen, die ich in der täglichen Arbeit mit Agenturen erlebe.

So höre ich oft, dass man als »Mitarbeiter nichts mit Preisen zu tun haben« wolle. Manche Mitarbeiter haben anfänglich sogar eine Abneigung gegenüber der »Kalkulation«.

Aber Geld ist eben das Tauschmittel zwischen Kunde und Anbieter. Um einerseits beurteilen zu können, ob eine Zusammenarbeit lohnt und anderseits, welcher Preis dafür angemessen ist, müssen wir in der Lage sein, über Geld zu sprechen.

Dafür braucht es unter anderem auch einen Überblick über die wirtschaftliche Situation und die möglichen finanziellen Erwartungen des Kunden.

Aber jetzt mal ehrlich: Wer fragt seine Kunden, wie viel Umsatz sie gegenwärtig machen? Wie viel nehmen sie gerade mit ihrem Online-Shop ein? Wer kennt die für eine Zusammenarbeit bedeutsamsten finanziellen Kennzahlen der Kunden?

Meist lautet hier die Antwort: Das wissen wir nicht! Diese Fragen stellen wir nicht.

Aber wie soll ein Pilot ein Flugzeug sicher landen, wenn er keine Informationen über die Wetterbedingungen, den Treibstoffstand oder die Landebahn hat?

Wie sollen wir als Agentur den wirtschaftlichen Erfolg der Kunden vergrößern, wenn wir keinen Ist- und Soll-Stand der wichtigsten Kennzahlen haben?

Veröffentlicht am 21. November 2024 von Markus Hartmann.
Markus Hartmann

Ich schreibe über Preise, Wert und bessere Zusammenarbeit. Im weiteren Sinne über unternehmerisches, menschliches Handeln.

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