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Pricing für agile Projekte

Veröffentlicht am 10. März 2019 von Markus Hartmann.
Letztes Update am Januar 17, 2022
2 Kommentare

Wenn ich die gegenwärtigen Meinungen über die angeblichen Vorteile »agiler« Projektarbeit in Agenturen überspitzt zusammenfassen müsste, dann folgendermaßen: Wir arbeiten ohne Ziel. Dafür möglichst schnell. Wir können zudem noch Alles-und-jederzeit auf dem Weg zum unklaren Ziel ändern. Und da wir »Zeit verkaufen« geht das alles vergleichsweise billig. Dummerweise ist das alles eben genau das Gegenteil von dem, was die agilen Prinzipien eigentlich hervorbringen und schaffen können. In diesem Beitrag erkläre ich Dir, was ich unter wertschätzendem und gewinnorientierten Pricing für agile Projekte verstehe.

Obige Einschätzung, was »agile« Projektarbeit bedeutet, fußt auf einem weitreichenden Missverständnis – oft aus Unkenntnis der agilen Methoden wie Scrum oder Kanban zugrundeliegenden zeitlosen Prinzipien. Mit der Folge, dass »agil« Gefahr läuft, zu einer weiteren, kurzlebigen Modeerscheinung zu werden, und die großen Vorteile, die daraus für das gemeinsame Miteinander erwachsen können, nicht ausschöpfen kann. An diesem falschen Bild von agil als »all-you-can-eat-sushi« zum »wir-werden-schon-irgendwas-bekommen« wursteln gerade alle mit. Auch die Agenturen, die dies gerne als angeblichen »Vorteil« gegenüber den »Wasserfall-Planern« verkaufen. Dummerweise jedoch in den gleichen Denkmustern des »Zeitverkaufens« (Der sogenannte Sprint in Scrum ist eine Zeiteinheit!) und dem Trugschluss, dass allein die Kosten und Aufwände des Anbieters den Preis begründen, verhaftet bleiben. Und damit den »Wasserfall-Planern« ähnlicher sind, als ihnen lieb sein dürfte!

Der Weg führt abwärts – ist aber bequem

Wieso ist dies so? Es ist in erster Linie bequem, zumal es dem Anbieter eine scheinbare Sicherheit vorspiegelt, denn es kann zumindest der (stets willkürliche!) Kostenverrechnungssatz mit Gewinnmarge abgerechnet werden. Und zumindest in der gegenwärtig arg überhitzten Scheinblüte, die durch das lockere Geld der absurden Null-Zins-Politik befeuert wird, besteht eine gewaltige Nachfrage nach Noch-Mehr-Projekten seitens der Kunden. Gleichzeitig herrscht eine unterschwellige Unsicherheit, die sich in zunehmender Ziellosigkeit äußern mag: Da kommt das Angebot, Sprints zu kaufen, gerade recht. Die Überdehnung wird nicht zuletzt dadurch offenbar, dass sich manche Kunden ganze »Teams« kaufen können. Sogar zum Schnäppchen-Preis, da diese ja letztlich mit »Stundenverrechnungssätzen« (oder deren Ableitung niederster Ordnung wie der »Sprint-Woche« oder dem »Team-Monat«) abgerechnet werden. Sind es nicht gerade die Könner, die am Markt Mangelware sind? Vergessen das eherne Gesetz von Angebot und Nachfrage, zumal der Stundensatz dieses niemals abbilden kann. So erscheinen vor diesem Hintergrund – in aller Deutlichkeit – viele »agile« Agenturen eher als Zeitarbeitsfirmen …

Dennoch erscheint dieses Geschäftsmodell auch für den Agenturinhaber charmant. Das liegt nicht zuletzt darin, dass unterbewusst jeder Agentur-Unternehmer die gewaltigen Verlustrisiken des Geschäftsmodells wahrnimmt, die sich in dem durch Stundensatz, Zeitaufwand und planwirtschaftlichen (!) Kontrollwerkzeugen gebundenen und geknebelten Geschäftsmodell in unzähligen Symptomen wie zum Beispiel chronisch schlechter Liquidität, kaum Kapitalaufbau sowie fortwährendem Kapitalverzehr und falsch-verstandenem Wachstum über »Noch-Mehr-Mitarbeiter«, bahn bricht. So manche schlaflose Nacht, die Unternehmer deshalb haben. Wirtschaftliche Zwänge begründen dann notgedrungen folgenden Glaubenssatz: Besser den Spatz der monatlichen Abrechnung in der Hand, als die Taube der wertschätzenden Preise am Dach.

Der Kunde trägt das weitaus größere Risiko. Allein.

So wird mit dem »Sprint-Abrechnen« das Risiko falscher Entwicklung weitestgehend dem Kunden übertragen. Gleichzeitig werden zumindest die Betriebsausgaben mit der Gewinnhoffnung namens Marge mehr schlecht als recht gedeckt. Natürlich nach innen und außen gerechtfertigt durch vermeintliche »Risiko-Teilung« und »Jederzeit-Beenden-Optionen« und all den anderen Praktiken, die an agilen Stammtischen als »richtig« diskutiert werden, dabei lediglich ein Mehr-vom-gleichen-Falschen bedeuten. Nur mal als Denksportaufgabe: Wenn Du als Kunde (anteilig) das Risiko tragen sollst, was bedeutet das für Deine Preisbereitschaft? Erhöht das Gebaren das Vertrauen in den Anbieter, oder senkt dies es eher?

All das bietet dem Kunden wenig Wert, denn es sucht lediglich das unternehmerische Risiko des Anbieters auf den Kunden zu wälzen. Nochmal: Es verkennt den wahren Wert, den Dein Kunde in Dir sehen mag. Es übersieht die Notwendigkeiten, Bedürfnisse und Sorgen, die Deine Kunden in der gegebenen Situation haben. Und vor allem verkennt es die größte Sorge Deines Kunden: Ich darf mich keinesfalls aufs »falsche« Pferd setzen, denn ich kann meine Zeit, Energie und Geld nur einmal einsetzen. Und nicht minder wichtig: Ich muss auch das richtige Rennen zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit diesem Pferd laufen … Ganz schön komplex plötzlich, oder? Wem kann ich hier vertrauen? Wer kann es wirklich?

Zusammenarbeit ohne Ziel und Sinn ist wertlos …

Gemeinsame Zusammenarbeit ohne Ziel und Sinn ist und bleibt wertlos: Fehlt das verbindende Element einer gemeinsamen Erwartung und Vorfreude auf das zu schaffende Ergebnis, dann bleibt es ein willkürliches mäandern und »im-trüben-fischen«. Das dieses »im-trüben-fischen« gerade in agilen Projekten gelebt und als »Vorteil« verbrämt wird, liegt eben an dem oben beschriebenen Missverständnis: Allein der Weg sei das Ziel? Nein. Ohne Klarheit über das »Es-soll-anders-werden« kann ein Wertgefühl nicht entstehen …

Agile Zusammenarbeit ist natürlicher, menschlicher Zusammenarbeit »nachempfunden«

Agile Zusammenarbeit ist im kreativen Bereich anderen Formen von Zusammenarbeit überlegen. Zumindest in den überwiegenden Fällen. Denn sie bildet letztlich mehr oder weniger formalisiert und standardisiert das menschliche, arbeitsteilige Verhalten beim gemeinsamen Ziel wieder. Lass mich das an folgendem Bild verdeutlichen: Wir organisieren im Sommer nach großem Erfolg im letzten Jahr erneut ein Straßenfest. Eine Gruppe von Freiwilligen hat sich zusammengefunden, um dieses schöne Erlebnis für andere (und sich selbst!) zu ermöglichen. Wie läuft die Organisation? Einer übernimmt das Bier-Bestellen, der andere organisiert die Werbung. Der Dritte vielleicht das Essen. Jeder geht da in »Führung,« wo er sich selbst am besten zum Wohle des Großen-Ganzen einbringen kann. Und wie von selbst kristallisiert sich auch eine natürliche Führung heraus, die möglicherweise bei Konflikten (zum Beispiel Termin-Konflikte) entscheidet, aber vor allem die Zusammenarbeit ermöglicht und gemeinsame Treffen zur Abstimmung organisiert. Unvorstellbar hingegen ist gewiss für alle freiwilligen Helfer, dass dieses Projekt durch Plan, Kontrolle und anschließende Steuerung abgewickelt werden kann. Die Freude an der Sache würde spätestens dann in Rechtfertigung und Vorwürfe, in gegenseitiges Aufrechnen und Fehlersuchen ausarten. Allein das erfolgreiche Straßenfest ist das Ziel. Und die innere Motivation aller ist es, dies bestmöglich zu tun.

Und was wird angeboten? Natürlich nur das, was den »Kunden« den meisten Wert schafft. Die Kunden sind in diesem Falle die Nachbarn, die Gäste und Freunde, die an dem Tag im Juli unzählige andere Alternativen haben werden – und sich für unser Fest entscheiden sollen und wollen. Ein wunderbares Fest, dass das Kommen und Bleiben wert ist. Damit unterliegt jede Entscheidung, was an diesem Straßenfest angeboten wird und zum Wohle des Ergebnisses getan wird, am Ende dieser »Prüfung«, ob es einen Wertbeitrag liefert. Viele Ideen und Möglichkeiten werden dieser »Prüfung« unterzogen: Für etwas (zum Beispiel »Hüpfburg«) und nicht selten gegen etwas (zum Beispiel »Losbude«). Ideen erschaffen. Abwägen. Entscheiden. Tun.

Diese Abwägung muss naturgemäß vorab geschehen. Rückwirkend wäre es zu spät und könnte dann nur für das nächste Jahr als sprichwörtlicher Lerneffekt oder schlimmstenfalls durch »Reue« Berücksichtigung finden. Diese »Prüfung« ist in der agilen Welt nichts anderes als der Business-Value. Anhand dieses stets subjektiven und situationsbezogenen Business-Value wird das Wichtige und Richtige bestmöglich entschieden – das geht naturgemäß nur gemeinsam mit dem Kunden. Unter ständigem Bewusstsein, dass nichts im Leben wirklich planbar und alles in hohem Maße Ungewissheit unterliegt. Denn es könnte ja im Juli genau an diesem Tage regnen … So wird die Gruppe das tun, worin sie den größten Gewinn erwartet. Und auch der wirtschaftliche Gewinn wird in der Bewertung Berücksichtigung finden, denn keiner der Organisatoren des Straßenfestes mag am Ende »draufzahlen«. Vielmehr wartet nicht zuletzt ein üppiges Helferfest auf alle Beteiligten als Lohn …

Woran erkennen wir als Organisatoren den Erfolg dieses Straßenfestes? Etwa an der Anzahl der getrunkenen Getränke? Oder der Anzahl der Biertisch-Garnituren und Papier-Servietten? Oder noch bizarrer: Anhand der »Sprints«, die wir im Vorfeld im Kreis des Organisationsteams »geleistet« haben? Werden diese gar auf unseren »Bratwurst-Preis« umgerechnet, wie es die absurde Kosten- und Leistungsrechnung in ihrem Kalkulationswahn nahelegen würde? Nein: Allein dadurch, dass die Besucher und Gäste (»Kunden«) glücklich und begeistert waren an diesem Tag und nach Fortsetzung verlangen. Und natürlich auch beim »Kassensturz« am Ende. Denn dort lässt sich der »wirtschaftliche« Erfolg festmachen, denn für die Organisatoren sollte es zumindest kein »Draufzahl-Geschäft« werden. Wie so oft im Leben wäre es weitaus einfacher »rückwirkend« zu analysieren und »Input-Faktoren« wie »Zeitaufwand« mit Strichliste und Zeiterfassung zu zählen und abzurechnen. Aber es ist und bleibt vollkommen wertlos.

Aufwandsschätzung bleibt Ich-Bezogen. Sie vernachlässigt sträflich den Kunden und dessen Notwendigkeiten und Bedürfnisse. Aufwandsschätzung mit ihrem Potpourri an ihren wahrhaft wertlosen (!) Methoden sind und bleiben auch in der agilen Welt reine Selbstbeschäftigung, wie Vasco Duarte mit seiner NoEstimates-Bewegung eindrucksvoll belegt hat. Aufwandsschätzungen scheitern letztlich im Zirkelschluss an genau dem, was »agil« eigentlich beseitigen wollte: An der falschen Ideologie angeblich »planbarer« und »kontrollierbarer« Projekte, auch wenn sie hier in »User-Storys« zerhackt und zerstückelt werden, um sie anschließend mit mühevoll getarnten Zeitaufwänden namens »Story-Points« zu »kalkulieren«.

Wer wirkungsvoll helfen kann und will, spürt längst, dass meist das »Richtige« und »Wichtige« keinem Plan folgt. Und oft aus heiterem Himmel dem wahren Könner in die Hände fällt. Meist im gemeinsamen Austausch miteinander … Das eben macht wirkungsvolle Zusammenarbeit aus. Jede Situation ist anderes – und kann schon im nächsten Moment wieder völlig anders sein.

Ein konkretes Beispiel aus der Welt der Agenturen

Dir ist das Straßenfest-Beispiel zu abstrakt? Lass es mich beispielsweise in den Internetbereich übertragen, bei denen »agile« Methoden gegenwärtig häufiger zu finden sind.

Nehmen wir also an, ein Online-Shop-Betreiber tritt an Dich heran, und möchte seinen Shop erneuern. Die grundlegende Frage ist hier: Warum? In den überwiegenden Fällen wird die Antwort lauten, weil er sich davon mehr Umsatz erwartet beziehungsweise erhofft. Und diese Erwartung durch den bestehenden Online-Shop aus unterschiedlichen Gründen begrenzt erscheint. Um den Wert zu verstehen helfen beispielsweise folgende Fragen: »Lieber Kunde, bezogen auf den Umsatz: Was erwartet Du Dir im Vergleich zum Status-Quo? Welche Bedeutung hat beispielsweise das Weihnachtsgeschäft?« Allein diese beiden Fragen können Klarheit in das Wertverständnis bringen – eine offene und vertrauensvolle Beziehung natürlich vorausgesetzt. Die Antworten zeigen Dir als Könner, welche Auswirkung eine Verbesserung haben kann. Und auch, was passieren würde, wenn das »Projekt« nicht läuft (zum Beispiel, wenn es zu spät fertig wird.) oder es auf andere Art- und Weise »scheitert«. Und was zu tun und nicht zu tun ist, um dies bestmöglich zu erreichen. Hier mag die Website nur ein Teil des Großen-Ganzen sein, das jedoch nur im Zusammenspiel Wert schaffen kann. Die Frage, ob das, was als Erstes und Nächstes zu tun ist, dieser »Prüfung« auf das höhere Ziel des Business-Value standhält und nach bestem Wissen und Gewissen richtig sein sollte, bestimmt das Tun und Handeln. Das wiederum fordert Dich und Dein Team als handwerkliche Künstler und Könner, die hier bereits Erfahrung und die damit verbundene Fähigkeit zur Mustererkennung haben. Und die hohe Bereitschaft, durch Versuch und Irrtum zu lernen. Und erneut abzuwägen. Vielleicht gibt es bessere und wirkungsvollere Wege, als eine »neue« Website …

In diesem Beispiel (und letztlich in jeder Zusammenarbeit) geht es darum, durch gemeinsame und wirkungsvolle Zusammenarbeit das Richtige und Wichtige zuerst zu tun. Eben das mit dem höchsten Business-Value. Dieses Richtige und Wichtige, das Wirkungsvolle im Wortsinne, muss aus unternehmerischer Sicht am Anfang eben nicht den »Schönheitspreis« gewinnen. Aber es muss in der Wirklichkeit bestehen und Bestand haben. Kurz: Der Shop muss verkaufen. Und zwar mehr als vor der Zusammenarbeit. Und idealerweise Versuch und Irrtum bereits im September ermöglichen – und nicht erst auf den November warten. Weihnachten lässt sich nun mal nicht verschieben. Jeder Tag nämlich, in der der Shop nicht »neu« ist, erzeugt beim Kunden entgangene Umsätze. Diese tauchen nicht im Controlling auf, denn das ist für unternehmerisches Handeln auf beiden Augen stets blind: Dein Kunde jedoch spürt diese entgangenen Umsätze vermutlich sogar körperlich. In Schlaflosigkeit oder beim starren Blick aufs Bankkonto. Dort wo am Ende jedes wirtschaftliche Handeln seinen Niederschlag findet …

Das Straßenfest-Beispiel lässt sich selbstverständlich auch auf das »geschäftliche« Umfeld übertragen. Obwohl hier oftmals hinter einem großen Mummenschanz an Ritualen und Regeln ein Theater gespielt wird, das seine Menschlichkeit hinter zur Schau getragener (falsch verstandener!) Rationalität versteckt. Je größer und bürokratischer der Betrieb, desto stärker diese Kruste aus »Theater«. Oftmals angstgetrieben. Desto notwendiger vielleicht auch wahre Wertschätzung und Hilfe von Dir als Könner. Denn am Ende wollen Deine Kunden auch ein begeisterndes Ergebnis. Ein Ergebnis, dass gleichermaßen »weiche« Faktoren wie »Begeisterung« umfasst, wie die Bestätigung durch harte Zahlen, dass die Zusammenarbeit eben kein Draufzahlgeschäft war. Denn schlimmstenfalls hätten sich Deine Kunden auf das falsche Pferd gesetzt. Und die Chance auf Gewinn ist durch schlechte und wirkungslose Zusammenarbeit vertan! Und jetzt kommt auch noch Deine »Abrechnung« … gruselig!

Wie entsteht nun der Preis?

Oben beschriebene Wertschätzung muss stets im Vorfeld erfolgen. Ist für beide Seiten die Erwartung klar, so kann (und muss) der Anbieter einen Preis nennen können. Denn nur so kann der Käufer abwägen, ob sich die Investition lohnt, oder es gilt nach Alternativen Ausschau zu halten. Richtig bemerkt: Um diesen Preis zu nennen, der verbindlich und klar ist, benötigst Du auch mehr Wissen über den Kunden, über die Erwartung und über alles, was auch eine Zusammenarbeit beeinträchtigen könnte. Der oberflächliche Blick unter die Motorhaube reicht nicht aus. Eine eingehende und fachmännische Untersuchung ist unerlässlich. Nach dieser Untersuchung und Klärung bedarf es wiederum Können, das Richtige und Wichtige zuvorderst und schnell zu tun! Vergleichbar dem erfahrenen Handwerker, der weiß was, in so einem Falle zu tun ist – weil er ähnliche Fälle erfolgreich vielfach erlebt hat. Und genau dieses »Richtige und Wichtige« (und oft auch Dringliche!) umfasst Dein Angebot. Und setzt damit den Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit. Solch ein Angebot passt tatsächlich eher auf einen Bierdeckel; benötigt keine Lasten- und Pflichtenhefte.

Für einen Könner ergeben sich nach eingehender Untersuchung stets diese besonders wichtigen Sachen, die »mindestens« zu tun, sind, um einen ersten Erfolg zu sehen. Ich vergleiche das dann gerne mit einer »Version 1.0« wie bei der Software-Entwicklung üblich. Diese schafft Wert. Aber gewiss noch nicht so perfekt und weitreichend wie irgendwann eine Version 2.0. Es muss jedoch gelingen bei guter und weitsichtiger Auftragsklärung an die Version 1.0 ein »Preisschild« zu heften. Vor allem einen Preis, der auch Freude macht, wenn es beispielsweise in Version 1.0.1 über 1.1. bis 1.2.3 zu Fehlerverbesserungen und andere unbedingt für das gute Kundenergebnis notwendige Änderungen kommt. Denn diese kommen so sicher, wie das Amen in der Kirche. Sie müssen sogar kommen, denn bei allem Können: Jede Situation ist anders.

Die Kunst liegt in diesem Bild selbstverständlich im Erkennen der Erforderlichkeiten von Version 1.0. Was muss unbedingt gemacht werden, und mindestens ebenso wichtig: Was kann weggelassen werden. In der alten Welt des Zeitaufwand-Verkaufens, die auch dem Konzept des Agilen Festpreises zugrunde liegt, müsstest Du einen kalkulierten Preis für Version 1.0 »errechnen«, und jede weitere Verbesserung an der Version müsste Dein Kunde anhand des hineingeflossenen Zeitaufwandes bezahlen. Das würdest Du keinem Software-Anbieter durchgehen lassen, oder?

Das Faszinierende an diesem Vergleich mit den Versions-Sprüngen von 1.0 auf 2.0 ist, dass mit jeder tatsächlich wertschaffenden neuen Version, der Wert auch für den Kunden steigt. Die Kenntnisse und Erfahrungen über das Problem nehmen zu. Das Wissen durch Versuch und Irrtum, was funktioniert und was nicht funktioniert, sorgt in Verbindung mit zunehmender Kenntnis der einzigartigen Kundensituation dafür, dass auch die Ideen zur Verbesserung immer wirkungsvoller und tatsächlich kreativer werden. Und mit dem Wert, den die so immer intensivere, bessere und wirkungsvollere Zusammenarbeit schafft, steigt natürlich folgerichtig auch der Preis. Auch wenn ich mich wiederhole: All dies können Stundensätze und ihre Ableitungen niederster Ordnung wie Mannmonate, Sprint-Abrechnungen oder die ebenfalls absurden Story-Point-Kalkulationen niemals abbilden.

Dieser Weg erfordert natürlich, dass jedem Versionssprung wieder ein klärendes Gespräch über Erwartung und möglichen Wert vorausgehen muss. Es erfordert natürlich auch, dass nach Version 1.0 und den stets notwendigen Verbesserungen und Lernerfahrungen auch Ergebnisse da sind, die eine weitere Zusammenarbeit begründen. Ob dies der Fall ist, kann letztlich nur der Kunde beurteilen. Auch deshalb ist es unerlässlich, regelmäßig und in kurzen Feedback-Schleifen zu sprechen, denn Kurskorrekturen und Versuch-und-Irrtum-Lernen auf dem Weg zum Ziel sind und bleiben eine der wichtigsten Formen der Erkenntnis, wie etwas besser gehen kann – oder nicht. Vor allem aber ist es notwendig, einen Liefertermin zu bestimmen. Bis wann. Und wie in dem Beispiel mit dem Online-Shop, der mit jedem Tag, der Weihnachten nähert kommt, weniger Chance auf Umsatz hat, liegt der Wert oft darin, eher früher als später zu liefern. Die entgangenen Umsätze bei später und verspäteter Lieferung können so bei einer Wertbeurteilung als eine Art Gradmesser für den Preis auftun – jedoch nicht als einziger!

Gerade Prognostizierbarkeit von Lieferterminen gehört ja zu den großen Vorteilen, die Methoden wie Kanban und Scrum ermöglichen. Beide vor allem durch eine Begrenzung der Arbeitsmenge im System, denn jedes System unterliegt Knappheit als begrenzendem Engpass. Nur eine Würdigung dieser Knappheit macht ein System den Umständen entsprechend weitgehend stabil und lässt Liefertermine mit zunehmender und verlässlicher Genauigkeit bestimmen. Kanban erreicht dies über WIP-Limits, Scrum letztlich über eine Begrenzung der Menge in einer Zeiteinheit namens Sprint …

Du wirst also nicht umhinkommen, in diese Wertschätzung mehr Zeit zu investieren. Und sicher ist Dir beim Lesen dieser Zeilen bewusst geworden, dass zur erfolgreichen Umsetzung der »Kunde« (oftmals besteht dieser sprichwörtliche »Kunde« aus einem Geflecht an unterschiedlichen Menschen innerhalb einer Organisation) prinzipiell Teil von Gruppe und Team sein muss. Und nicht nur zur finalen Freigabe etwas »vorgelegt« bekommt. Hier sind nämlich zwei vollkommen unabhängige Organisationen (Agentur und Kunde) zu wirkungsvoller, fließender Zusammenarbeit zu bringen. Nur das gemeinsame Lernen und die demütige Erkenntnis, dass Großes und Wirkungsvolles nur gemeinsam geschaffen werden kann, wird die wahre Kraft dieses Weges eröffnen. Hier stößt sich das flaschenhalsige Stille-Post-System über »planende« und »steuernde« Projektmanager vieler Agenturen und dessen Erstarrung in statische Plan- und Kontrollsysteme, die zudem leider noch ihren Widerhall in überbordender Bürokratie auf Kundenseite finden.

Deutliche Worte zum Schluss

Vielleicht spürst Du beim Lesen dieser Zeilen: Obige Ausführungen sind in ihrer Folge radikal. Und es mag für Dich nun klarer sein, warum Zeiterfassungssysteme und das daraus abgeleitete Sprint-Abrechnen nicht nur wertlos sind, sondern sie jede Form vertrauensvoller und wirkungsvoller menschlicher Zusammenarbeit unmöglich machen. Und warum ich jede Agentursoftware, ERP-Software oder Controlling-Software, die diesem erbsenzählerischen Weltbild aus Plan-, Zeit- und Kostenkontrolle huldigt, ablehne – auch wenn sie vorgeblich auf dem Trittbrett des Zuges namens »Agilität« reiten. Wert lässt sich nicht »kontrollieren«, nicht in Kosten- und Aufwandslisten verwalten. Und noch nicht einmal planen, da er oft erst durchs Tun mit Versuch und Irrtum entsteht. Wert muss man spüren, erfahren und erleben. Hierfür bedarf es Können – im Verbund mit einem begeisterten Team, zu dem im weiteren Sinne eben auch der Kunde gehört. Und eben diese Agilität, schnell auf Änderungen und Erfahrungen zu reagieren, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Pricing in meiner Welt bedeutet stets einen verbindlichen Preis im Vorfeld als Grundlage eines Handels. Rückwirkendes zeit- oder sprintbasiertes Abrechnen ist vor diesem Hintergrund falsch. Kostenvoranschläge sind vor diesem Hintergrund ebenfalls nur eines: Ein Anschlag auf Deine wunderbaren Kunden. Und allein ein Zeichen dafür, dass eben keine Klarheit und Verständnis über das mögliche Ziel und dessen Auswirkungen herrscht. Denn nur dann wird ein klares Angebot möglich.

Das Richtige und Wichtige lässt sich nicht in Zeiten- und Aufwänden erfassen. Noch deutlicher: Alle Versuche, agile Zusammenarbeit nach Kanban oder Scrum in Agenturen einzuführen, sind zum Scheitern verdammt, so lange Zeitaufwände, Zeiterfassungssysteme und Stundensätze herrschen. So lange Zeitaufwände und Kostensätze schnöde kumuliert werden zum Zwecke von »Kalkulation«, »Nachkalkulation«, »Controlling« und zur Beurteilung und Bestrafung auf Mitarbeiterebene, Projektebene oder Teamebene, kann Agilität nicht zur Entfaltung kommen. Aber das erkläre ich Dir in einem weiteren Beitrag.

 

Markus Hartmann

Ich schreibe über Preise, Wert und bessere Zusammenarbeit. Im weiteren Sinne über unternehmerisches, menschliches Handeln.

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  1. Wow. Ich folge Dir und Deinen Ideen schon länger und werde demnächst eines Deiner Seminare buchen. Aber in diesem Beitrag hast Du – Scrum, Sprints und Agilität hin oder her – Deinen Ansatz der Wertschätzung mit den beiden Beispielen Straßenfest und Shop so gut wie noch nie rübergebracht!

  2. Danke für diesen Beitrag. Ich suche schon seit langer Zeit nach der richtigen Art und Weise, wie ich meine Preisgestaltung formen und auch “rechtfertigen” soll. Ich bin kein Agenturprofi, aber der Begriff agiles Projekt trifft auf meine Tätigkeit genau zu. Es hilft mir ungemein zu sehen, dass ich nicht falsch liege, wenn ich diesen Ansatz fahre. Meine Bücher können nur über Wertschätzung verkauft werden. Sie sind so persönlich, dass der Kunde allein entscheiden muss, wieviel sie ihm wert sind und wieviel ihm meine Arbeit deshalb wert ist. Das ermutigt mich, nicht doch in die Falle hineinzugeraten zu glauben, ich werde keine Kunden finden, weil mein Angebot zu “hochpreisig” ist.

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